Skat-Rätsel #32, Kategorie:schwer

Können Sie das Grün richtig lesen?  


veröffentlicht am 05.05.2020 um 10:02

Der Spieler in Mittelhand hat sich nach kurzem Zögern dazu entschlossen, nicht aktiv am Reizvorgang teilzunehmen. Da auch Sie keinen aussichtsreichen Ansatz in Ihren zehn Karten erkennen können, passen Sie ebenfalls, und Vorhand wird kampflos Alleinspieler. Etwas später hat der Alleinspieler nach Skataufnahme und Drückung ein Pik-Spiel angesagt.

Ihr Blatt in Hinterhand sieht nicht sonderlich vielversprechend aus:

Es entwickelt sich folgender Spielverlauf, bei dem Sie fünf Stiche lang keine wirkliche Entscheidung zu treffen haben:

( 14 Augen )

Nun die Fragen zu dieser Skataufgabe:
Wie sollten Sie die Partie mit welchem Plan fortsetzen?

Welche Überlegungen veranlassen Sie zu exakt dieser Spielweise? Warum sind andere Abwicklungsversuche vermutlich zum Scheitern verurteilt?

Lösung Skat Rätsel: Schwer

Hier zuerst der komplette restliche Spielverlauf, wie in der Live-Partie auch so gefunden:

6. Pik Ass Pik 8 Pik 7 ( + 11 = 25 Augen )

7. Karo Bube Pik Dame Pik 10 ( + 15 = 40 Augen )

8. Pik 9 Pik Bube Kreuz Bube ( + 4 = 44 Augen )

9. Herz Bube Kreuz 10 Herz 7 ( + 12 = 56 Augen )

10.Karo König Kreuz 9 Herz 9 ( + 4 = 60 Augen )

Und jetzt die Erläuterung zu dieser sich für viele nicht direkt erschließende, aber in diesem Fall zwingend notendige Spielweise mit einer Fortsetzung über Trumpf aus der Gegenpartei:

Zum einen ganz allgemein ist es verdächtig, wenn ein Alleinspieler dem alten Prinzip „Trumpf ist die Seele vom Spiel“ untreu wird und direkt über die Fehlkarten das Spiel gestaltet. In solchen Fällen greift die Gegenpartei gerne so früh wie irgend möglich selbst zu den Trümpfen, weil der Alleinspieler mit seinen Trümpfen entweder noch in einen Fehlstich einstechen möchte oder aber aufgrund selbst geringer Trumpfanzahl sich so erhofft, noch einen Trumpfstich zu retten. In dieser speziellen Situation lassen sich folgende Dinge aus der Spielweise des Alleinspielers direkt schlussfolgern bzw., wenn diese Schlussfolgerungen nicht zutreffen sollten, ist klar, dass wir als Gegenpartei eh keine Chance auf Spielgewinn haben werden. Insofern ist also die aggressive Abwicklung der Partie nur konsequent.

Der Alleinspieler hat nicht Kreuz Bube, denn dann hätte er Grand gespielt oder aber wir gewinnen eh nicht. Der Alleinspieler hat nicht die Mitteljungs, denn dann hätte er Grand gespielt oder aber wir gewinnen eh nicht. Der Alleinspieler hat vermutlich höchstens vier Trümpfe, denn sonst hätte er aller Wahrscheinlichkeit nach mit Trumpf begonnen. Somit hat unser Partner mindestens vier Trümpfe. Der Alleinspieler konnte die bisher eingebrachten 53 Augen, wie von uns bedient, fest bzw. unverzichtbar so einplanen und wird daher noch zusätzliche Augen durch Drückung in Sicherheit gebracht haben, darunter voraussichtlich Kreuz Dame, denn sonst hätte er fünf Trümpfe gehabt. Unser Partner hat noch Karo König, denn sonst hätte der Alleinspieler sicherlich ein Karo Volles gedrückt und mit dem König den zweiten Karostich machen wollen. Somit sind die vier Trümpfe unseres Partners sicher, darunter müssen sein Kreuz und ein weiterer Bube sowie Pik 10 (da der Alleinspieler sonst bereits genug hätte im Falle des Drückens dieser Pik 10).

Da wir davon ausgehen dürfen, dass der Alleinspieler (wie sich später herausstellt mit dem gedrückten Pik König sich bereits bei 60 befindend) nur noch einen Stich zum Spielgewinn benötigt, müssen wir den Vortrag so wählen, dass wir Rest bekommen. Und daher ist, falls der Alleinspieler, wie im vorliegenden Fall, Pik Bube in der Hand hat, eine Spielfortsetzung mit unserem Privattrumpf Kreuz (egal in welcher Höhe) oder auch einem kleinen Trumpf nicht zielführend, da der Alleinspieler stechen bzw. drüber gehen kann, ohne seinen Buben legen zu müssen. Dadurch gelänge es ihm, in Hinterhand zu geraten und sich somit seinen Pik-Buben-Stich kurz danach zu sichern. Das gilt es zu verhindern, der Bube muss also mit aller Macht angegriffen werden. Dieses geschieht maximalaggresiv durch Anspielen unserer hohen Trümpfe. Und das Trumpf Ass ist noch etwas stärker als der Karo Bube, damit unser Partner gar nicht erst darüber nachdenken muss, dem Alleinspieler diese vier Augen im Falle des vorgespielten Buben noch zu lassen, weil er die Anzahl der gedrückten Augen eventuell noch unterschätzt (mit Kreuz Dame sind es ja erst 56). Auch sieht unser Partner, falls der Alleinspieler den Pik Buben legt, dass wir den Karo Buben haben müssen, was er sich aber ja eh denken muss wegen oben bereits genannter Argumente (Grand in Vorhand bei zwei eigenen Buben oder vor allem auch lieber ein Herz-Spiel mit sechs Trümpfen und Ass und Ass 10 daneben als ein viertrümpfiges Pik-Spiel). Nachdem er mitnimmt, setzt er dann sinnvollerweise selbst mit seinem kleinsten Trumpf fort, den wir dann mit dem Karo Buben festhalten können. Auch hier bietet sich eine Fortsetzung mit Karo König nur nebenlösig an, da je nach Drückung noch ein Trumpfstich für den Alleinspieler am Ende übrig bleiben könnte, der den Alleinspieler dann allerdings wieder nicht weiter als bis 60 führen würde, da dann Herz Lusche gedrückt sein müsste.

Sollten Sie exakt diese Abwicklung der Partie so vorausberechnet und entsprechend durchgezogen haben, gehören Sie zu sicherlich nicht mehr als 20 % der Skatspieler, die in der Lage sind, das Grün so gut zu lesen, und einen so großen Überblick haben, um einen solch seltenen und starken Zug nebst dazugehöriger Varianten in Originalgeschwindigkeit locker aus dem Ärmel zu schütteln.

Zurück zur Übersicht